Nach dem gelungenen Saisonauftakt in Ebersbach erhofften wir auch gegen die IV. Mannschaft der SG Leipzig einen Erfolg, wiewohl klar war, dass ein Fifty-Fifty-Match auf uns wartete. Diese Prognose bestätigte sich gleich in der ersten beendeten Partie, in der ich mir mit meinem ehemaligen Mannschaftskameraden Manfred Schöneberg schnell einig war, dass ein halbleeres Glas immer noch halbvoll genug für beide Beteiligte sein kann. Das verdammte mich dazu, das folgende Drama bei ungeteiltem Bewusstsein erleben zu müssen. Wie jedes Drama ging es erstmal so gut los, dass es eigentlich nicht wahr sein kann: Wollis Gegner ahnte nichts von seiner terminlichen Zwangslage und ermöglichte ihm durch einen ebenfalls zeitigen Remisschluss den Genuss eines fußballerischen Chemiecocktails. Während die einen übers Wegkommen nachdachten, kämpften andere noch mit dem Ankommen. Wir hatten uns im Geiste schon einen ganzen Zähler an Brett 4 gutgeschrieben, als Carstens Gegner aufgewühlt und unter lautem Gepolter eine Minute vor 10 Uhr noch ins Spiellokal einfiel. Auch am Brett war er dann nicht mehr zu bremsen und lief Carsten ins offene Messer. OK, mit einer Stunde Bedenkzeit weniger war seine Aufgabe auch alles andere als dankbar. Die undankbarste Aufgabe des Tages hatte allerdings Gisos Gegner: André hatte zwar physisch das Spiellokal rechtzeitig erreicht, wirklich angekommen war er jedoch wohl erst, als Gisos Läufer auf f2 eine kleine Begrüßungsansprache hielt. Da es ein Mannschaftskampf war, unterdrückte er den Impuls, unmittelbar aufzugeben, bekam in der Folge jedoch von Giso keine Gelegenheit mehr gewährt, sich von seiner Opferrolle zu emanzipieren. Das sah sehr gut aus - zumal an den weiteren Brettern viel Vielversprechendes und nichts wirklich Schlechtes zu sehen war. Und dann kam es doch noch dicke - und die 3 Jüngsten, die leider allesamt auf Seiten der SG saßen, wurden zu den Helden des Kampfes. Zunächst ruinierte Jörg seine schöne Stellung kurzfristig durch ein taktisches Versehen. Thomas hielt seinen starken Gegner mit aktivem Gegenspiel am Königsflügel in Atem, konnte die Spannung aber dann doch nicht in der Stellung halten. Nach mehreren Abtauschaktionen traten die statischen Vorteile der Stellung seines jungen Gegners in den Vordergrund, die dieser mit beeindruckend abgeklärtem Spiel verwertete. "Man of the match" wurde dann allerdings eine der beiden weiblichen Spielerinnen. Talent hin oder her - in der Partie gegen Julia Halas war Lars nominell eindeutig Favorit. Und viel kann man ihm nicht vorwerfen - er schuf ein strategisches Ungleichgewicht, um Gewinnchancen zu kreieren und ich hatte lange das Gefühl: "Det läuft!". Dann brachte Julia allerdings ein schickes strategisches Bauernopfer und Lars schaffte es nicht rechtzeitig, auf den Backen-zusammenkneifen-Modus umzuschalten und wurde sehenswert taktisch ausgeknockt. Eine tolle Leistung von Julia, die damit zur Matchwinnerin wurde. Denn auch die letzte Partie, die gut für uns ausgesehen hatte, war zwischenzeitlich gekippt. Christian hatte seine klar vorteilhafte Stellung gegen Sandra Ulms lange Zeit souverän verwaltet - bis ihn zur Unzeit die Gier übermannte. Danach war er so mausetot, dass es ihm leider nur noch gelang, seine Gegnerin zum Remis zu beschwindeln. Eine Partie, in der so viel drin war, dass eigentlich ein 1,5:1,5 das angemessene Resultat gewesen wäre. Am Ende stand dann eine bittere 3,5:4,5-Niederlage, aber für die nicht anwesenden neutralen Zuschauer war es sicherlich eine Augenweide - und das ist es doch, was am Ende zählt!