Die Pfalz rief erneut! Nachdem Julian und ich das 3. Thallichtenberger Sommeropen in 2024 schon einmal gespielt hatten, machte ich mich mit ihm auch dieses Jahr auf den langen Weg ins Rheinland. Lasst euch gerne mitnehmen, wie ich mich in der pfälzischen Provinz dieses Jahr geschlagen habe. Achja, bevor ich wieder gefragt habe, wo Thallichtenberg liegt: Man suche den roten Marker auf der Karte unten links.
Die Anreise erfolgte auch dieses Jahr wieder mit der Deutschen Bahn und wurde somit auf keinen Fall langweilig. Diverse Probleme führten dazu, dass wir am Tag des Turnierstarts am 04.07. statt 14:36 Uhr erst um 16:36 Uhr in der nächst-größeren Stadt Kusel ankamen. Aufgrund der Verspätung blieb uns nichts anderes übrig, als mit dem Taxi fix in unsere Unterkunft zu fahren, um anschließend noch einen 2km-Spaziergang einzulegen, um gerade so pünktlich zur ersten Runde in der Thallichtenberger Mehrzweckhalle anzukommen. Von insgesamt 72 Spielerinnen und Spielern (womit das Turnier ausgebucht war) ging ich als Nummer 11 der Setzliste ins Rennen. Mein Ziel war klar: Mit mindestens 3,5 aus 5 ein paar Wertungspünktchen einsammeln und das Turnier auf einem TOP-10-Platz abschließen.
In Runde 1 bekam ich es mit Weiß mit einem 1530er Gegner zu tun. Ich machte mir keine große Gedanken und spielte einfach mal drauf los. In der Partie passierte nicht viel. Diskussionsgegenstand war direkt aus der Eröffnung heraus die Thematik, ob das Läuferpaar meines Gegners dessen Schwäche eines Doppelbauerns kompensieren kann. Nachdem sich über die einzig offene e-Linie alle Schwerfiguren abtauschten, tauschte ich meinen Springer so ab, dass wir in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel abwickelten, in dem ich mich aufgrund der Passivität des gegnerischen Läufers auf der Siegerstraße wähnte. Sowohl mein Gegner als auch ich verpassten jedoch eine starke Verteidigungsressource, was ich euch gleichzeitig als erstes Rätsel mitgeben möchte. Mit welcher Idee kann sich Schwarz hier am halben Punkt festklammern?
Nachdem wie beide seine beste Verteidigung verpassten, konnte ich durch das Einsammeln des schwarzen d4-Bauern die Partie letztendlich doch noch für mich entscheiden.
In Runde 2 bekam ich es mit jemandem zu tun, mit dessen Namen einige trotz der großen Distanz zu uns etwas anfangen können dürften: Patrick Bruns (ehemals Lok-Mitte, wie er mir nach der Partie mitteilte).
Mit Schwarz erarbeitete ich mir im Mittelspiel einen schönen Vorteil und wähnte mich mit einem Extra-Bauern und dem Läuferpaar in der (halbwegs) offenen Stellung schon ziemlich sicher auf der Siegerstraße. Dann aber tauschte ich die Damen etwas zu schnell und verspielte meinen Vorteil relativ schnell zum Ausgleich, weil ich die Blockade-Möglichkeiten der gegnerischen Seite komplett unterschätzte. Am Ende dieses Endspiels wurde es dann ziemlich wild, als ich gleich mehrere Male den Sieg dann doch wieder auf dem Brett stehen hatte, nur um ihn dann mehrere Male auch wieder aus der Hand zu geben. Glücklicherweise konnte mein Gegner mich hierfür nicht bestrafen, sodass auf diese Partie die alte Weisheit zutrifft: "Es gewinnt derjenige, der den letzten Fehler macht". Damit stand ich bei 2 aus 2.
In Runde 3 kam dann der größte Brocken des Turniers: Mit Weiß bekam ich es mit der Nummer 1 der Setzliste zu tun, die immerhin eine 2258er DWZ vorzuweisen hatte. Ich spielte solide, während mein Gegner etwas zu früh die Stellung öffnen wollte. In meinem Bemühen, die Stellung positionell und taktisch so solide wie möglich zu halten, lies ich im Mittelspiel sogar eine Chance aus, ernsthaft auf Sieg spielen zu können. Ich will mal sehen, ob ihr die richtige Idee seht.
Ich gebe euch einen Hinweis: Mein 17.Sfd2 war nicht die richtige Idee.
Nachdem ich diese Idee verpasste, versuchte sich mein Gegner dann an einem Bauernangriff am Königsflügel, den ich allerdings abwehren konnte. In einem taktisch brenzligen Moment, als mein Gegner auch ungefähr eine Stunde weniger auf der Uhr hatte als ich, habe ich mal Remis geboten, welches mein Gegner dann auch annahm. Somit beendete ich Turniertag 2 mit 2,5 aus 3.
An Turniertag 3 wartete in Runde 4 dann eine 1830 auf mich. Zu meinen Ungunsten wählte dieser Gegner eine Variante, die mir als Schwarzspieler so gut wie kein Potenzial ließ, die Partie vernünftig auf Sieg zu spielen. Nachdem ich alle meine Möglichkeiten ausgeschöpft hatten, einigten wir uns in Zug 34 und die Engine bescheinigt beiden Seiten eine fehlerfreie Partie.
In Runde 5 wollte ich mit Weiß gegen meinen 1900er Gegner dann noch einmal alles versuchen. Das Setting war gerade zu perfekt. Ich durfte noch einmal an Brett 7 auf der Bühne spielen und Julian durfte direkt neben mir an Brett 8 Platz nehmen. Seite an Seite kämpften wir um die letzten Punkte des Turniers:
Mein Plan ging am Anfang perfekt auf. In einem weitestgehend geschlossenen Mittelspiel stellte mein Gegner einen Bauern ein und ich konsolidierte meine Stellung und stand glatt auf Sieg. Dann überlegte ich hier, wie ich am besten fortsetzen wollte:
Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich mit dem Manöver 32.Dd1 nebst 33.Lg4 die letzten Läufer abtauschen wollte, um mir in mittelfristiger Zukunft das f7-Feld zunutze zu machen. Kurz bevor ich den Zug ausführte, fiel mir dann das Damenopfer 33...Dxg5!? auf und ich rechnete aus, dass die Turmschachgebote zu keinem Matt führen würden. Nur um sicher zu gehen, rechnete ich noch ein zweites und drittes Mal nach. In meiner Sache sicher, spielte ich meine Idee 32.Dd1 und mir schlief das Gesicht ein, als mein Gegner 32...Dxg5!! herausblitzte. Hatte ich nicht gerade ausgerechnet, dass das Damenopfer nicht geht? Naja, sagen wir so: Ich hatte Recht, dass der Zug nicht zum Matt führte. Was ich übersehen hatte, war die Dauerschach-Idee, mit der die Partie dann auch zu Ende ging: 32.Dd1 Dxg5 33.hxg5 Th1+ 34. Kg2 T1h2+ (Ich hatte hier nur 34...T8h2+ berechnet.) 35. Kg1 Th1+ nebst Zugwiederholung. Alternativ kann ich mich mit 35. Kf3?? Tf8# auch mattsetzen lassen. Neee, da nahm ich doch mit einem zähneknirschenden Lachen das Dauerschach mit.
Ein etwas unbefriedigendes Ende meines Turniers, auch wenn ich alle meine Ziele erreichte. Ich landete aufgrund der besten Buchholz aller 3,5-Spieler auf Platz 8 und werde nach dem Turnier wahrscheinlich zum zweiten Mal nach 2022 über der 1970er DWZ-Grenze stehen. Mal sehen, ob wir nächstes Jahr den lupenreinen Thallichtenberg-Hattrick voll machen werden. Schön war es auf jeden Fall!
(Turnier-Details: https://s2.chess-results.com/tnr1211520.aspx?lan=0&SNode=S0)
Damit verabschiede ich mich in die schachfreie Sommerpause. Als nächstes wird wahrscheinlich "erst" wieder in der neuen Liga-Saison angegriffen.
Zum Abschluss noch die Auflösungen meiner beiden Rätsel:
Zu Runde 1: Hier muss Schwarz 36...f4! finden, um seinen eigenen Läufer den Weg nach g4 freizuräumen. Sein Läufer kann dann meine Bauernkette am Damenflügel von hinten so sehr unter Druck setzen, dass ich nicht mehr vernünftig auf Sieg spielen kann. Nach seinem 36...Le6? blockierte ich diese Möglichkeit mit 37.Kf4 und konnte die Stellung bequem zu Ende kneten.
Zu Runde 3: Hier ist die folgende Idee sehr stark: 17.Td1! De7 18.b3! und mein Läufer versucht, über a3 die schwarzen Dame und Turm aufzuspießen. Zum Beispiel: 18...Sb6 19.a4 b4 20.cxb4 Lb7 (20...Dxb4 21.La3 ist genau dieser Spieß.) und da die Idee auf mehrere Arten droht, kann Weiß sich aussuchen, wohin er den Schwarzfelder parken will, e3 oder b2 gehen auch. Die ursprüngliche Idee mit 21.b5 nebst La3 gibt Weiß auch einen sehr komfortablen Vorteil.
Sven
Schöne Bericht und schöne Studien (nicht zu schwer, nicht zu leicht)
Timon Bauer
Danke, mein lieber Sven 🙂