Timons trottelige Taktik-Tragödien

Anlässlich des zweiten Kurt-Pape-Opens (10.08.2023 - 13.08.2023) machten sich vier Leipziger Fortunen, ein Krostitzer und ich auf den Weg ins niedersächsische Bad Pyrmont. Das Gute ist, dass ich dabei relativ viele elementare Taktiken übersehen habe. Also nicht sonderlich gut für mich, aber immerhin könnt ihr euch so in meinem Turnierbericht auf einige lustige Fails freuen ... 

Los ging es am 10.08. morgens 08:00 Uhr mit den besten Regionalzügen, die die DB zu bieten hatte. Nachdem die Reisegruppe in Hannover kurzfristig unfreiwillig getrennt wurde, kamen wir dann gegen 14:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr in Bad Pyrmont in der Nähe von Hameln an. Die erste Überraschung fiel mir bereits auf, als ich das Spiellokal zum ersten Mal sah. Wenn ihr euch das Titelbild genauer anseht, wird euch auffallen, dass alle Bretter elektronisch sind. Das war neu für mich. Ein innerer Druck baute sich so ganz subtil auf; schließlich können nun alle sehen, was ich spiele. Genau deswegen möchte ich übrigens unseren Frank ganz lieb grüßen, der sich eigentlich fast alle meine Spiele live angesehen hat. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, muss ich ihm glaube ich eine Packung Beta-Blocker spendieren. 

Die erste Runde begann dann abends 19:00 Uhr. Entgegen meiner Annahme, dass ich zum Auftakt einen nominell schwächeren Gegner bekommen würde, fand ich mich auf einmal an Brett 1 gegen eine 2300 wieder. Nachdem ich in der Eröffnung ein wichtiges Detail meiner Variante vergessen hatte, zeigte mir mein Gegner ganz schnell, dass dieses Detail gar nicht mal so unwichtig ist, als sich völlig unerwartet ein Läufer auf h6 in meine Rochade reinopferte. Noch hielt ich dagegen, aber dann fand mein Gegner ein schönes Angriffsmotiv, das ich so noch nicht kannte und nicht korrekt berechnet hatte. Und jetzt seid ihr das erste Mal dran. Weiß am Zug findet zwar keine Elementartaktik, aber eine schöne Kombination:

Immer in dem Glauben, dass ich die Stellung zum Remis verarbeiten könne, spielte ich lange weiter. Am Ende hat mir tatsächlich nur ein einziger Zug am Ende der fünfzügigen Kombination (siehe Ende) das Genick gebrochen. 

Am Freitag ging es dann mit Runde 2 weiter. Mit Weiß versuchte ich meinen Gegner positionell auszumanövrieren, bis er den größten aller größten Fehler gemacht hat (siehe Bild). Wie bestraft Weiß sofort den Bruch der goldenen Regel?

Zum Schluss der Runde 2 durfte ich dann ein gewonnenes Endspiel zum Sieg verwerten. Die Schlusstaktik ist eigentlich so simpel, dass ich mich fast nicht getraue, die euch als Rätsel zu geben, aber ich machs trotzdem: 

In Runde 3 kam es dann zu der gruppeninternen Paarung zwischen Fortunas Kevin Dannhäuser und mir. Kevin wählte eine Eröffnung, die er sonst nicht spielt und realisierte somit zum Glück die Erfolgsaussichten seiner Stellung nicht. In Zug 34 einigten wir uns dann auf Remis. Es war eine stressige, aber wenig spektakuläre Partie. 

Am Samstag versuchte ich es dann in Runde 4 mit den weißen Steinen. Prompt versuchte ich, zwei separate Theorievarianten zu mixen und fand mich nach überambitionierten Zentrumsspiel in einer schlechteren Stellung wieder, in der ich dann auch noch einen Bauern mit Schach einpatzte. Kurz darauf wurde es wild, viel zu viele Chancen wurden ausgelassen und im Endspiel bot mir mein Gegner im für mich schlechteren Endspiel Remis mit dem Kommentar: "Ich habe jetzt keine Lust, das zu kneten." Glück gehabt, aber diese Partie hätte auch in jede Richtung ausgehen können. 
Zitat von Frank: "Ich war dabei und habe meine Herzmedikamente zwischenzeitlich gefunden". 

In Runde 5 hatte ich mit den schwarzen Steinen meinen jungen Gegner lange Zeit gut im Griff und versuchte ein Endspiel zu kneten. Als wir uns nach langem Versuchen meinerseits auf Remis verständigten, machte er mich auf eine Elementartaktik aufmerksam, die ich in der Zeitnot komplett übersehen hatte. Könnt ihr es besser machen als ich?

 

Zum Glück verpasste mein Gegner vorher schon eine gute Gewinnchance, sodass das Remis durch beidseitige Blindheit vermutlich das korrekte Ergebnis ist. Und was für einen Gegner bekommt man mitten im Turnier mit 50%? Richtig, einen FM. Moment, bitte was? 

In Runde 6 wurde ich gegen einen FM gelost, der nicht sein bestes Turnier spielte. Man muss ihm allerdings zu Gute halten, dass er auch schon auf Erfahrungslevel 85 unterwegs ist. Im Mittelspiel wurde ich von ihm einfach überspielt und rettete mich mit mehr Glück als Verstand in ein Turmendspiel mit zwei Minusbauern. Und dann wurde ich im Nachhinein auf eine weitere verpasste Elementartaktik meinerseits aufmerksam gemacht. Wie hält Weiß hier Remis?

In Runde 7 passierte dann nicht mehr allzu viel. Mein Gegner opferte in der Eröffnung einen Bauern, den ich allerdings wenig später wieder einstellte. Die Bauernstruktur war relativ symmetrisch, sodass ich das zweite Remisgebot meines Gegners dann annahm. Am Ende des Turniers kann ich mit 3,5 aus 7 eine 50% Bilanz vorweisen und bekomme vermutlich ein paar Punkte auf mein DWZ-Konto drauf. An meiner aktuellen taktischen Verfassung muss ich auf jeden Fall arbeiten, wenn ich meinen Weg Richtung 2000 weiter erfolgreich gestalten will ...

Alle Ergebnisse findet ihr hier: https://chess-results.com/tnr803125.aspx?lan=0

Nun bin ich noch einige Auflösungen schuldig:
Runde 1: Die Kombination nach 16...Lg7?? geht wie folgt: 17. Lh7+ Kh8 18. Txg7! Kxg7 19. Dxg6+ Kh8 20. Dxh6 De7 und ich dachte, ich hätte alles im Griff, weil 21. Lg6+ und 21. Le4+ zum Dauerschach führen. Leider verpasste ich in meinen Berechnungen 21.Lf5+ ... 

Runde 2.1: Nach 20...f6?? konnte ich meinen Gegner mit 21.a4 Db7 22. Sd7 nebst Qualitätsgewinn bestrafen.

Runde 2.2: Nach 59...Lb5? hat mein Gegner nach 60. Txb5 angesichts des a-Bauern aufgegeben.

Runde 5: Nach 67. Txc7?? gewinnt Schwarz sofort mit 67...e1=D+!, weil der Läufer überlastet ist. 

Runde 6: Weiß kann nach 55...Kf2?? das Remis direkt mit 56. Txb2+!! Txb2 1/2-1/2 dankt Patt herbeiführen.

 

2 Gedanken zu “Timons trottelige Taktik-Tragödien

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